Rückblick: Umweltschonende Oberflächenreinigung

© Fraunhofer IST
15-stufige Reinigungsanlage mit Trocknung für Bauteile bis 80 kg
© Fraunhofer IST
Echtzeitdaten der digitalisierten Reinigungsanlage am Fraunhofer IST

Im September 1998 wird mit Hilfe von Fördermitteln des Landes Niedersachsen eine umweltfreundliche Anlage zur Bauteilreinigung am Fraunhofer IST in Betrieb genommen.

Der Schweizer Anlagenbauer ABW realisiert das vom Institut entwickelte Konzept, ein Verfahren, bei dem völlig auf umweltbedenkliche Lösungsmittel verzichtet und stattdessen mit Reinigern auf wässriger Basis gearbeitet wird. Diese wässrigen Systeme bieten nicht nur den Vorteil einer besseren Reinigungswirkung, sondern auch den einer geringeren Umweltbelastung.

Die schon länger geplante, neue und hochmoderne Reinigungsanlage erweist sich zunehmend als ein eigenständiges FuE-Instrument. Auf der Anlage werden alle Vorbehandlungsschritte für die eigenen Beschichtungsprozesse durchgeführt sowie in zunehmendem Umfang neue Reinigungsprozesse für Kunden entwickelt. Mit Inbetriebnahme der Reinigungsanlage verfügt das Institut über die gesamte Prozesskette für ein leistungsfähiges Surface Engineering, die von der Vorbehandlung über die funktionsgerechte Beschichtung bis hin zur Schichtcharakterisierung und funktionsspezifischen Schichtprüfung reicht.

Wo stehen wir jetzt?        

Erfolgsfaktor Oberflächenreinigung – Reinigung 4.0

Die Reinigung von Oberflächen ist im Kontext einer nachfolgenden Beschichtung ein essentieller Prozessschritt, der den Erfolg des Veredelungsprozesses entscheidend beeinflusst. Eine lückenlose Dokumentation aller relevanten Prozess- und Anlagendaten sowie die Sicherung in einem Datawarehouse liefern neue Möglichkeiten und Ansätze zur Optimierung der vorhandenen Reinigungsprozesse und der Anlagentechnik. Am Fraunhofer IST wurde daher die Mehrkammeranlage für die wässrige Reinigung und Vorbehandlung von Bauteilen digitalisiert und ist nun in der Lage, den Reinigungsprozess automatisiert zu dokumentieren.

Aufbau der Infrastruktur für die Digitalisierung

Die wesentliche Herausforderung bei der Digitalisierung verschiedenster Anlagen ist der Aufbau einer verallgemeinerten und hochskalierbaren Infrastruktur, bestehend aus Datenloggern, Datenbanken, Dashboards und Schnittstellen für Datenanalytik. Zur Einbindung der Reinigungsanlage am Fraunhofer IST wurde deren Steuerung erneuert und Netzwerkschnittstellen wurden implementiert. Damit können nun alle Anlagen- und Prozessparameter in Echtzeit erfasst werden und stehen für datenanalytische Untersuchungen langfristig zur Verfügung.

Lösungsansatz

Gemeinsam mit dem Institut für Werkzeugmaschinen und Fertigungstechnik (IWF) der Technischen Universität Braunschweig wurde eine solche Infrastruktur aufgebaut und in Betrieb genommen. Zusätzlich wurden in dem Reinigungslabor fünf Umgebungssensoren installiert, um auch Daten der Raumumgebung wie zum Beispiel Temperatur und Luftfeuchtigkeit, der Anlage aufzunehmen, und so mögliche Einflüsse der Umgebungsbedingungen auf das Reinigungsergebnis untersuchen zu können.

Anpassung und Transfer auf kundenspezifische Anlagen und Systeme

Das Ziel des Projekts ist der Ausbau bestehender Anlagen zu cyber-physischen Systemen. Dabei dient die Reinigungsanlage als erster Demonstrator. Die Sammlung aller relevanten Systemdaten bietet das Potenzial, die Anlage sowie die einzelnen Prozessschritte hinsichtlich ihres Ressourcenverbrauchs in Bezug auf Energie und Material zu optimieren und die Beschichtungs- bzw. Reinigungsprozesse effizienter und robuster zu gestalten. Das Gesamtziel der Digitalisierung der Reinigungsanlage ist eine Erhöhung der Robustheit und Präzision der Prozesse bei gleichzeitiger Reduzierung des Ressourcenverbrauchs.

Des Weiteren kann das entwickelte Konzept auch auf Anlagen und (Mess-)Geräte übertragen werden, die ebenfalls digitalisiert werden sollen, um deren Daten zur Visualisierung und dem Aufbau von digitalen Zwillingen zu nutzen.

Ausblick

Das Projekt liefert die Grundlagen für die Digitalisierung aller relevanten Prozesse, die innerhalb der Prozesskette der Oberflächentechnik eine Rolle spielen und ist damit ein wesentlicher Baustein in der Digitalisierungsstrategie des Instituts. Die Einbindung weiterer Prozesse ermöglicht die digitale Abbildung der gesamten Prozesskette als digitaler Zwilling und erlaubt die effiziente Auslegung von Prozessen und deren Verknüpfung bis hin zu kompletten Produktionsszenarien auf der digitalen Ebene.

Kontakt:

Dipl.-Ing. Helge Thomsen
Tribologische Systeme | Tribologie und Sensorik
Fraunhofer-Institut für Schicht- und Oberflächentechnik IST
Bienroder Weg 54 e | 38108 Braunschweig
Telefon +49 531 2155-533 | https://www.ist.fraunhofer.de/de/technologien/chemische-mechanische-thermische-oberflaechenbehandlung/reinigung.html

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