20 Jahre Fraunhofer Netzwerk Reinigen – 20 Jahre Laserreinigen

© Fraunhofer IWS
Reinigen von historischen Holzpaneelen mit dem Laser
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Der Laser entfernt Konservierungsmittel und Einlaufpastenreste von Differentialen vor dem Schweißen
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Sandstrahlen mit Licht am Beispiel einer Bremsscheibe für das anschließende Hartstoff-Beschichten

Vor 20 Jahren war der Laser noch ein vergleichsweise neues, exotisches Werkzeug in der Fertigung und galt als teuer. Da man mit den hochintensiven Laserstrahlen im Grunde jedes Material verdampfen und damit abtragen kann, wurde der Laserstrahl bereits für unterschiedliche Reinigungsaufgaben erprobt. Dem hohen Forschungsbedarf wurde mit umfangreichen Projekten Rechnung getragen, in denen ein grundlegendes Prozessverständnis erarbeitet sowie die Technologien für verbreitete Reinigungsanwendungen entwickelt wurden. Ein prominenter Forschungsschwerpunkt lag damals auf dem restauratorischen Reinigen von Kunst- und Kulturgut. Die Lasertechnik bot den beteiligten Restauratoren komplett neue Möglichkeiten. Die Akzeptanz für höhere Kosten ist bei wertvollem Kulturgut traditionell höher. Und die Prozessgeschwindigkeit der noch jungen Laserreinigungstechnik konnte mühelos mit vielen bei Restauratoren etablierten Methoden mithalten. Der schädigungsfreie, substanzerhaltende Abtrag und der damit verbundene restauratorische Erfolg ist die Prämisse und steht über allem.

Für den Wiederaufbau des Dresdner Residenzschlosses entwickelten Wissenschaftler des Fraunhofer IWS Prozesse zum Abtrag einer Firnis-Schicht von historischen Holzpaneelen. Die Herausforderung bestand in zwei übereinanderliegenden Firnis-Schichten wovon lediglich die obere schädigungsfrei entfernt werden sollte. Mit dem am Fraunhofer IWS entwickelten Lösungsweg wurde erstmals das Laserabtragen für die Trennung von zwei transparenten Firnisschichten praktiziert und im Grünen Gewölbe von Dresden angewandt (Abb. 1).

Auch im industriellen Umfeld erschloss der medienfreie und berührungslose Laserreinigungsprozess erste Anwendungen. Für das Laserstrahlschweißen von Antriebsstrangkomponenten im Automobilbau wurde durch die Fraunhofer Wissenschaftler ein Reinigungsprozess entwickelt und in der Serienfertigung etabliert. Dieser entfernt Konservierungsmittel und Reste von hochtemperaturbeständigen Einlaufpasten im Bereich der Fügestellen von Achsdifferentialen. Die bereits in den Käfig eingebauten Lager und Zahnräder schlossen ein Waschen der Bauteile aus. Durch Begrenzen des Reinigens auf die relevanten Funktionsflächen konnte zudem auf ein erneutes Konservieren der Bauteile verzichtet werden. Das Reinigen erfolgte dabei mit derselben Laserstrahlquelle, welche auch für den nachfolgenden Schweißprozess genutzt wurde. Hierdurch konnten die Investitionskosten für den „Hilfsprozess“ Reinigen minimiert und die Nutzungszeit der Laserstrahlquelle signifikant erhöht werden (Abb. 2).

 

Bis zum heutigen Tag hat sich das Laserstrahlreinigen als Verfahren für vielfältige Anwendungen etabliert – sowohl als automatisierter Fertigungsschritt in der Industrie als auch in der Restaurierung wo zahlreiche Restauratoren mobile Reinigungslaser in ihren Werkstätten einsetzen. Durch Weiterentwicklungen in der Lasersystemtechnik sind die Systeme deutlich preiswerter geworden und stehen mit höherer Ausgangsleistung zur Verfügung, wodurch Prozessgeschwindigkeiten gesteigert werden können. Auch der zunehmende Fokus auf Nachhaltigkeit in der industriellen Fertigung durch Verzicht auf kritische chemische Reinigungsmedien und das Minimieren zu entsorgender Abfallmengen sind Treiber hin zum Laserreinigen. Im Resultat ist das Reinigungsverfahren bei immer mehr Anwendungen wirtschaftlich und technologisch konkurrenzfähig geworden.

Das Sandstrahlen ist in vielen Industrieunternehmen fester Bestandteil der Fertigung, wenn es darum geht Bauteile zu reinigen und strukturieren. Auch hier zeichnet sich ein Umdenken ab. Das Fraunhofer IWS setzt statt der „Sandkörner“ energiereiches Licht ein, um zu reinigen und aufzurauen. Dafür entwickelten Forschende das laserbasierte Verfahren LIGHTblast, das Reinigungs- und Strukturierungsaufgaben deutlich schneller, präziser und reproduzierbarer realisiert als herkömmliche Verfahren. Im Serieneinsatz sind damit niedrigere Betriebskosten zu erwarten.

Der geringe Durchmesser des Laserstrahls (z. B. 50 Tausendstel Millimeter) sorgt für Präzision, steht aber einer hohen Flächenleistung nicht im Wege. Die Skalierbarkeit des Werkzeuges Laser bietet auch hier ein enormes Anpassungspotential, um effiziente Prozesse darzustellen. Mit LIGHTblast lassen sich Oberflächenrauheiten von sehr fein (Rz = 2 μm) bis grob (Rz = 200 μm) erzeugen, die als Ausgangszustand für nachfolgende Beschichtungen erforderlich sind (siehe Bild). Ein Maskieren oder Abkleben von nicht zu behandelnden Oberflächen ist nicht notwendig, der Laserstrahl kann entsprechend genau geführt werden. Dieser Vorteil kommt auch bei bereits vollflächig beschichteten Bauteilen zum Tragen, bei denen einzelne Funktionsflächen final frei bleiben müssen, beispielsweise zur elektrischen Kontaktierung. Der Laser trägt dabei bspw. lokal KTL-Beschichtungen mit definiert gleichbleibender Qualität ab. Die Integration von geeigneten Sensoren erlaubt zudem die Qualitätskontrolle des Ergebnisses und eine Prozessanpassung bei schwankenden Eingangsbedingungen (Abb. 3).

Mehr zu LIGHTblast erfahren Sie hier.

Laserstrahlen können auch noch deutlich filigraner und präziser eingesetzt werden. Mittlerweile sind sogenannte Ultrakurzpulslaser im industriellen Einsatz, wenn es darum geht beispielsweise besonders feine Verunreinigungen zu entfernen und Dünnschichten abzutragen ohne dabei das Bauteil thermisch zu beeinflussen oder dessen Oberfläche zu verändern. Dies kommt u.a. in der Photovoltaik- und Elektronikindustrie zur Anwendung. Aber auch für die Restaurierung bietet sich diese Technologie als neues Werkzeug für das Reinigen komplexer und filigraner historischer Objekte an. Dies konnte in einem Fraunhofer-weiten Projekt beispielsweise an historischen, brandgeschädigten Emaille-Zifferblättern demonstriert werden. Mit dem Pikosekundenlaser erfolgte der Abtrag einer wenige hundert Nanometer dünnen geschädigten Randschicht von der Emaille, so dass die kunstvolle Beschriftung wieder lesbar wurde und gleichzeitig der Glanz der Oberfläche erhalten blieb.

Durch die breite Anwendbarkeit des Laserstrahlreinigens in unterschiedlichsten Branchen ergeben sich immer wieder neue Forschungsfragen an denen Fraunhofer Wissenschaftler arbeiten. Hierbei spielen auch Themen zur Automatisierung, Überwachung und Digitalisierung der Prozesse eine zunehmende Rolle.

Wir sind gespannt auf die Entwicklung des Laserreinigens in den kommenden 20 Jahren bei der wir Sie gern mit unserem Know-how begleiten.  

 

Ihr direkter Ansprechpartner:

Volker Franke

Gruppenleiter Laser-Mikrobearbeitung

Tel.: +49 - 351 - 83391 - 3254

E-Mail:volker.franke@iws.fraunhofer.de

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vom Fraunhofer IGCV